Abschied vom „Vordenker der Stadtverwaltung“

Erster Bürgermeister Konrad Seigfried geht in den Ruhestand

Nach 15 Jahren im Amt hat Erster Bürgermeister Konrad Seigfried adieu gesagt. OB Dr. Matthias Knecht und der Gemeinderat würdigten den 68-Jährigen mit berührenden Worten.     

Erster Bürgermeister Konrad Seigfried erhält einen Blumenstrauß von Oberbürgermeister Matthias Knecht . Beide strecken die Arme aus, um den Corona-Abstand einzuhalten. OB Knecht trägt eine Atemschutzmaske. Im Hintergrund stehen an ihren Tischen - mit Abstand zueinander - einige Stadträte und erheben ihr Glas. Auf einem Laptop ist zu erkennen, dass einige Stadträte per Video von zuhause zugeschaltet sind.
In der letzten Gemeinderatssitzung von Erstem Bürgermeister Konrad Seigfried (links) überreichte Oberbürgermeister Dr. Matthias Knecht (rechts) einen Blumenstrauß. (Foto: Benjamin Stollenberg)

Seit 2006 war er der Erste Bürgermeister der Stadt Ludwigsburg. Als solcher Stellvertreter des Oberbürgermeisters und verantwortlich für die Themenbereiche Bildung, Sport, Soziales, Wohnen, Bürgerschaftliches Engagement, Gleichstellung und Feuerwehr, hinterlässt Konrad Seigfried tiefe Spuren im Stadtleben. Zum Abschied in den Ruhestand würdigten OB Knecht und Gemeinderat in der Sitzung des Gremiums Ende April die klare Haltung Seigfrieds, seinen starken Willen und seine große Leidenschaft, gestalten zu wollen und zu können.

Für OB Knecht war Konrad Seigfried der „Vordenker der Stadtverwaltung“ und das „soziale Gesicht Ludwigsburgs“. Geboren in der Nähe von Regensburg und aufgewachsen in der Pfalz, führten den Diplom-Sozialarbeiter erste berufliche Stationen nach Frankfurt am Main und Mannheim, wo er jeweils in der Jugendgerichtshilfe tätig war. Seine gesellschaftliche Basisarbeit setzte Seigfried als Jugendhausleiter in Wertheim und Jugendpfleger im Kreis Miltenberg fort. „Sieben Aufgaben in sechs verschiedenen Kommunen“, lautete Seigfrieds Bilanz nach 45 Berufsjahren. 1989 baute er als Leiter das neue Jugendamt in Sankt Augustin bei Bonn auf, wo er 1996 als Beigeordneter für Soziales erstmals in ein Amt als Dezernent gewählt wurde. 2006 folgte schließlich die Station als Erster Bürgermeister in Ludwigsburg.

Flüchtlingspolitik eine Meisterleistung

Konrad Seigfried beteuerte stets, man müsse in das Gelingen verliebt sein. Das war er – und ihm gelang unsagbar viel. „Er hat die Stadt geprägt wie wenige andere zuvor“, lobte OB Knecht.

„In der Frage der Flüchtlingsunterbringung agierte er mit einem klaren Ziel und dafür erntete er höchste Wertschätzung“, betonte OB Knecht in seiner Dankesrede. „Das war eine Meisterleistung.“ Sammelunterkünfte vermeiden, die Menschen willkommen heißen, sie dezentral in der gesamten Stadt integrieren, ihnen Hoffnung geben – das sei für Konrad Seigfried die klare, menschliche Haltung für die Stadt Ludwigsburg gewesen, so der OB.

Herausragende Arbeit in Bildung, Betreuung und Integration

Doch auch in der Bildung habe der Erste Bürgermeister Maßstäbe gesetzt. „Er prägte massiv die Schullandschaft, ging neue Wege mit der Gemeinschaftsschule und schnürte in seiner Amtszeit ein unvorstellbar großes Paket an Bauvorhaben in Bildung und Betreuung“, würdigte der OB. Mit den Kinder- und Familienzentren und den Kindernestern habe Seigfried auch in der frühkindlichen Bildung neue Wege eingeschlagen, die mittlerweile landesweit als Vorbild dienten.

„Als Dezernent für Sport und die Feuerwehr war er stets mit dem Herzen dabei, in der kommunalen Entwicklungszusammenarbeit sah er immer die Chance, direkt und vor Ort für das tägliche Leben zu helfen“, so der OB. In der Integrationspolitik sei er für die Beteiligung der Menschen mit Migrationshintergrund an der Stadtentwicklung eingetreten, mit dem interreligiösen Dialog habe er Berührungsängste abgebaut. Und nicht zuletzt im Corona-Krisenstab habe Seigfried zur Bekämpfung der Pandemie in der Stadt herausragende Arbeit geleistet. „Konrad Seigfried ist mein Mentor geworden und in Nicht-Corona-Zeiten würde ich ihm aus Dankbarkeit um den Hals fallen“, gestand der OB in persönlichen Worten.

Gesicht der Stadt geprägt

Für den Gemeinderat sprach Grünen-Stadtrat Prof. Michael Vierling als Vorsitzender der größten Fraktion im Gremium. Seigfried stelle hohe Ansprüche an sich selbst und sei andererseits allen Ansprüchen als Sozial- und Bildungsbürgermeister gerecht geworden. „Er hat das Gesicht der Stadt geprägt mit seiner Willkommenskultur, der Schullandschaft, der Kinderbetreuung und vielen anderen Themen“, lobte Vierling den künftigen Ruheständler. „Er wusste stets, was er wollte und er wusste klar zu argumentieren.“ Seigfrieds Loyalität zu dem früheren Oberbürgermeister Werner Spec sei vorbildlich gewesen. Mit Ruhe, Sachkenntnis und Beharrlichkeit habe er damals dem OB zur Seite gestanden. Am eindrucksvollsten empfand Vierling zudem Seigfrieds Haltung in der Flüchtlingsfrage. „Sie forderten Solidarität und Nachbarschaftlichkeit ein und das war nicht verhandelbar.“

Auch der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler, Reinhardt Weiss, fand anerkennende Worte. Seigfried sei ein Mensch mit hoher sozialer Kompetenz. CDU-Stadtrat Wilfried Link betonte, der Erste Bürgermeister sei ein Gewinn für die Stadt gewesen.

Stets mit Leidenschaft und hoher Identifikation dabei

Konrad Seigfried selbst war berührt ob der Lobeshymnen. „Alle berichten nur Gutes, würdigen, loben und geben Zuspruch“, freute sich der 68-Jährige. Nach 45 Jahren, davon 25 Jahren als Beigeordneter, gehe ein reiches Berufsleben zu Ende. Er habe seine Aufgabe stets mit Leidenschaft und hoher Identifikation erfüllt, sagte Seigfried im Gemeinderat. „Im Diskurs entstehen die besten Lösungen“, weiß er aus seiner reichen Erfahrung.

Er habe seine Zeit in Ludwigsburg stets als großes Glück empfunden. „Das ist eine klasse Stadt. Man spürte förmlich, dass Menschen etwas bewegen wollten.“ Ludwigsburg sei eine gestaltende Kommune und habe sich nie hinter Zuständigkeiten versteckt. „Wir übernehmen Verantwortung, wir kümmern uns und fragen nicht nach Pflicht und Kür“, so Seigfried. „Wir sind mit einem klaren Konzept in der Flüchtlingsfrage aufgetreten, wir haben Entschlossenheit bei den Coronatests für Schulen bewiesen und nicht auf das Land gewartet.“

Er erinnerte daran, dass Ludwigsburg die Kultur des Ehrenamtes fördere, welches durch die Ludwigsburg-Medaille gewürdigt werde. „Das bedeutet den Menschen eine Menge. Bewahren Sie diesen Schatz“, rief er dem Gemeinderat zu. „Denn eine Kommune kann nicht anders funktionieren.“ Er bleibe auch weiterhin in Ludwigsburg. „Meine Ehefrau und ich haben hier Wurzeln geschlagen, es ist eine Stadt, die uns viel bedeutet. (Peter Spear)

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