Passende Lösungen für die Straße der Zukunft

Forschungsprojekt ermittelt Grundlagen für zukünftige Mobilitätsvorhaben

Der Umgang mit Wasser spielt eine zentrale Rolle bei einem Forschungsprojekt mit Beteiligung der Stadt Ludwigburg. Was eine Zisterne im Dragonergässle damit zu tun hat.

Die unterirdische Zisterne im Dragonergässle fasst 50.000 Liter Regenwasser. (Foto: Stadt Ludwigsburg)

Straßenraum ist in fast jeder Stadt ein hart umkämpftes Pflaster: Fußgänger, Fahrräder, PKWs, Kinderwägen, Rollstühle, Lieferfahrzeuge, Grünpflanzen – sie alle konkurrieren um den wenigen vorhandenen Raum. Seit April 2019 arbeitet die Stadtverwaltung Ludwigsburg deshalb gemeinsam mit der Stadt Erlangen, dem Beratungsunternehmen Drees & Sommer, dem Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO und dem Fraunhofer Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik gemeinsam an dem Forschungsprojekt „Straße der Zukunft“. Erste Ergebnisse wurden jetzt im Ausschuss für Mobilität und Umwelt vorgestellt.

Ziel des Forschungsprojekts ist es, viele Funktionen auf wenig Straßenraum zu bündeln. Das Projektkonsortium aus Wissenschaft, Wirtschaft und Forschung hat dafür sogenannte „Musterstraßenabschnitte“ entworfen: Sie sollen anderen Kommunen als Blaupausen dienen und sie bei Straßenplanungsprozessen unterstützen. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.

Wasser als wichtige Ressource

Ein zentrales Thema in Ludwigsburg war die Frage nach dem Umgang mit Wasser im Straßenraum. Im Hinblick auf immer häufigere Starkregenereignisse, den Klimawandel und eine möglichst nachhaltige Ressourcennutzung wird dies immer relevanter für den städtischen Raum. Ein Teil des Dragonergässles wurde dafür zum Musterstraßenabschnitt: In der Nähe der Schul- und Sporthalle wurde im Sommer 2020 unterirdisch eine Zisterne eingebaut, die 50.000 Liter Wasser aufnehmen kann. Regenwasser von den umliegenden Dächern und von der Straße wurde gesammelt, durch einen Granulatfilter gereinigt und anschließend in die Zisterne eingespeist. Bei einem starken Regen lässt sich so Wasser speichern, das dann wiederum in Hitzeperioden zur Kühlung, Bewässerung von Grünflächen und zur Kanalspülung genutzt werden kann.

Begleitend dazu wurden in der Mathildenstraße und in der Alleenstraße Sensoren für Luftqualität, Regenwasser und Straßenabwasser angebracht. Damit können die Qualität und die passende Nutzungsart für das Wasser geprüft und bestimmt werden. Ein weiterer Sensor wurde direkt in der Zisterne angebracht. Per Ultraschall wird mit diesem tagesaktuell der Füllstand gemessen – so kann vorab geprüft werden, ob sich eine Anfahrt des Tankwagens lohnt oder nicht.

Umfrage zur Mobilität

Auch der Themenbereich Mobilität lag in Ludwigsburg im Fokus. Die Frage, wie, wann und warum Menschen sich bewegen, ist grundlegend für die Verkehrs- und Mobilitätsforschung und die Veränderung des Straßenraums. In einer repräsentativen Umfrage untersuchte das Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO deshalb das Mobilitätsverhalten der Ludwigsburger vor und während der Corona-Pandemie, ihre Einstellung zur sowie ihre zukünftige Vorstellung von Mobilität: „Wir wollten feststellen, ob die Menschen in Ludwigsburg bereit sind, über straßenräumliche Veränderungen zu sprechen und den Status Quo in Frage zu stellen“, berichtet Felix Stroh vom Fraunhofer IAO. Befragt wurden 5.000 zufällig ausgewählte Bürgerinnen und Bürger in Ludwigsburg – die hohe Rücklaufquote von 32 Prozent zeigt, wie hoch das Interesse und Mitteilungsbedürfnis vieler Menschen im Bereich Verkehr und Mobilität ist.

Noch läuft die Auswertung der Ergebnisse, aber schon jetzt lässt sich feststellen, dass das Verkehrsmittel Fahrrad als „Gewinner“ der Pandemie gilt: Seine Nutzung stieg um 3,3 Prozent. Außerdem waren die Menschen häufiger zu Fuß unterwegs (plus 2,3 Prozent). Dafür blieb das Auto öfter stehen (minus sechs Prozent) und der öffentliche Nahverkehr verlor um 6,6 Prozent. Gründe hierfür waren das Homeoffice und ein befürchtetes Ansteckungsrisiko in den Bussen. Die finalen Ergebnisse der Umfrage werden nach Abschluss der Auswertung, spätestens aber zum 30. September auf der Projekt-Website veröffentlicht.

Grundlage für weitere Planungen

Zudem ermittelte das Fraunhofer IAO Standorte in Ludwigsburg, die sich besonders für Mobilitätsstationen eignen. Diese Stationen bieten eine intelligente Verknüpfung verschiedener Verkehrsarten in Verbindung mit Sharing-Angeboten. Die Analyse kann nun für die Stadt Ludwigsburg bei zukünftigen mobilitätsbezogenen Vorhaben als Basis für die Planungen dienen.

„Das Projekt ‚Straße der Zukunft‘ hat viele Grundlagen für die zukünftige Planung von öffentlichen Räumen und Verkehrsflächen geschaffen“, erklärt dazu Bürgermeister Sebastian Mannl. „Die Erkenntnisse fließen zum Teil bereits in laufende Projekte ein. Damit wird die bisherige gemeinsame Forschungsarbeit in der Praxis fortgesetzt.“ (red)

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