Gedenkfeier zum 100. Geburtstag des Ehrenbürgers Albert Sting

Öffentliche Veranstaltung am 7. Mai in der Stadtkirche

                             Albert Sting 2014 an seinem 90. Geburtstag während des Empfangs der Stadt. (Foto: Stadt Ludwigsburg)

Aus Anlass seines 100. Geburtstages erinnert die Stadt Ludwigsburg an ihren Ehrenbürger Dr. Albert Sting. Am Dienstag, 7. Mai, seinem Geburtstag, beginnt um 19.30 Uhr in der Stadtkirche eine Gedenkfeier. Albert Sting war am 9. August 2020 im Alter von 96 Jahren gestorben.

Während der Gedenkfeier werden Oberbürgermeister Dr. Matthias Knecht und Stadtarchivar Dr. Simon Karzel für die Stadt Ludwigsburg sowie Dekan Michael Werner für Landeskirche und Karlshöhe das Wirken des Ehrenbürgers würdigen. Auch Mitglieder der Familie werden an Albert Sting erinnern. Musikalisch umrahmt wird die Gedenkfeier durch die Sopranistin Elena Müller, Bezirkskantor Prof. Martin Kaleschke und Bezirkskantor Fabian Wöhrle an Orgel und Truhenorgel sowie durch Mitglieder des Kammerorchesters „Concerto Ludwigsburg“ unter Leitung von Kirchenmusikdirektor Prof. Siegfried Bauer. Zu hören sind Stücke von Georg Friedrich Händel sowie das Lieblingslied von Albert Sting, „Was Gott tut, das ist wohlgetan“.

Die Stadt Ludwigsburg rühmt eine Person, die sich wie kaum eine andere beruflich und privat beharrlich für Menschen engagierte. Seine soziale Haltung, sein sozialpädagogisches Wissen und seine stadtgeschichtliche Kompetenz waren herausragend. „Er war das soziale Gewissen unserer Stadt und hat sich in besonderer Weise um Ludwigsburg verdient gemacht“, anerkannte OB Dr. Matthias Knecht die Lebensleistung des Ehrenbürgers zu dessen Tod.

Für OB Knecht hat Albert Stings Wirken das gesellschaftliche Leben Ludwigsburgs nachhaltig geprägt. „Er hinterließ unübersehbare Spuren als Direktor der Karlshöhe und im Ehrenamt. Ob als Ehrenmitglied des Bürgervereins der Unteren Stadt, Gründungsmitglied des Fördervereins Stadtarchiv, des Fördervereins Zentrale Stelle zur Verfolgung von NS-Gewaltverbrechen oder als Ehrenvorsitzender des Fördervereins Synagogenplatz: Erinnern, versöhnen, Brücken bauen – das ist das Vermächtnis eines großen Ludwigsburgers.“

Auch als Historiker seiner geliebten Geburtsstadt habe Albert Sting Maßstäbe gesetzt, so der OB. Erschienen in den Jahren 2000, 2004 und 2005 beschreibe er in drei Bänden die Entwicklung Ludwigsburgs von der Vorgeschichte bis zum Schlossjubiläum 2004. „Wer die Geschichte der Stadt Ludwigsburg ausgiebig erforschen möchte, dem sei das Werk ausdrücklich empfohlen, denn es gilt als das wissenschaftliche Standardwerk der Geschichtsschreibung über Ludwigsburg.“

Ehrungen durch Bund, Land, Landkreis und Stadt

Für diese Verdienste verlieh ihm die Stadt Ludwigsburg 2005 das Ehrenbürgerrecht. Bereits 1988 hatte Sting die Bürgermedaille der Stadt erhalten. Doch auch der Bund würdigte seine Lebensleistung mit dem Bundesverdienstkreuz (1989), der Landkreis (1999) und das Land Baden-Württemberg (2004) jeweils mit der Verdienstmedaille. Aus Anlass seines 90. Geburtstag 2014 ehrte ihn das Land zudem mit der Staufermedaille, eine besondere, persönliche Auszeichnung des Ministerpräsidenten. Albert Sting nahm die Medaille für seine Verdienste um das Gemeinwohl entgegen.

Albert Sting wurde am 7. Mai 1924 in Ludwigsburg geboren. Aufgewachsen am Marktplatz, verließ seine Familie die Stadt acht Jahre danach in Richtung Besigheim. Nach Reichsarbeit und Militärdienst geriet Albert Sting 1942 in russische Gefangenschaft. Seiner Freilassung 1949 folgte ein Studium in den Fächern Theologie und Psychologie in Tübingen und Göttingen. Seine Sensibilität für soziale Fragen trieb ihn an und führte ihn als Pfarrer 1957 nach Waiblingen. Seine Aktivitäten in der damaligen Zeit zeigen einen Menschen, für den die christliche Nächstenliebe und die Hilfe für die in Not Geratenen ein unermüdlicher Antrieb waren: als Initiator eines Dienstes, der Essen für Alte und Kranke zustellte, beim Aufbau der Ehe- und Familienberatungsstelle in Stuttgart und als Mitbegründer der Telefonseelsorge.

Pfarrer der Stadtkirche in Ludwigsburg

Albert Sting kehrte 1966 in seine Geburtsstadt als Pfarrer der Stadtkirche sowie Diakoniepfarrer des Kirchenbezirks Ludwigsburg zurück. Seine Sachkenntnisse, seine soziale Hingabe und seine bisherigen Leistungen öffneten ihm das Feld für weitere Aufgaben. Er wurde Leiter des evangelischen Landesverbandes für Kindertagesstätten in Württemberg und des evangelischen Kinderrettungsvereins. Er gehörte fortan dem Landesausschuss des Diakonischen Werkes in Württemberg an, er hatte einen Sitz in den leitenden Gremien der evangelischen Heimstiftung und im Verein evangelischer Ausbildungsstätten für Sozialpädagogik.

Als Konrektor der Karlshöhe Ludwigsburg leitete er von 1971 an die neu eingerichtete Ausbildungsstätte für Diakonie und Religionspädagogik, ehe man ihn aufgrund seiner reichen Berufserfahrung und seines unermüdlichen Einsatzes für die Mitmenschen 1979 zum Direktor und Schulleiter der Karlshöhe berief. Bis zu seinem Ruhestand 1989 lehrte Albert Sting als Dozent für Psychologie unter anderem an Krankenpflegeschulen, am Diakonissen-Mutterhaus in Stuttgart und am Kreiskrankenhaus Ludwigsburg. Mit über 600 Vorträgen zwischen 1972 und 1988 war er als einziger Diplom-Psychologe unter den württembergischen Pfarrern ein viel gefragter Referent in Ehe-, Familien- und Lebensfragen. Von 1985 an fungierte er als Vorsitzender der Werkstatt für Behinderte. Auch während seines Ruhestands hielt sein Wirken im sozialen und ehrenamtlichen Bereich unvermindert an. 

Geburtsstadt als bevorzugtes Forschungsobjekt

Doch zu seinem bevorzugten Forschungsobjekt gehörte seine Geburtsstadt. Neben der dreibändigen Entwicklungsgeschichte Ludwigsburgs ging Albert Sting auf die Suche nach „Spuren jüdischen Lebens“ (2001) in der Stadt. Er untersuchte die Geschichte der jüdischen Gemeinde und schaffte es anhand deren Wohnorte eindrucksvoll, diese leidvolle Geschichte im Bewusstsein der Öffentlichkeit zu verankern. Dieses Werk leistete zweifellos die Vorarbeit für die Aktion der Stolpersteine, die später vor den Gebäuden an Opfer und Verbrechen der Nationalsozialisten in Ludwigsburg erinnern. Die Umgestaltung des Synagogenplatzes war zudem immer sein Herzenswunsch, weshalb er aktiv im Arbeitskreis Dialog Synagogenplatz mitwirkte.

Mit dem „Ludwigsburger Geschichtskalender“ (1987) gelang ihm eine historische Darstellung, die besondere Beachtung verdient. Jeden Tag des Jahres verknüpfte Albert Sting mit Ereignissen oder Begegnungen, die sich in Ludwigsburg zugetragen hatten. So fügten sich tägliche Hinweise zu einem großen Ganzen zusammen und vermittelten einen detailreichen Überblick der Ludwigsburger Geschichte.

Viele Veröffentlichungen zu Ludwigsburg

Die Liste seiner Veröffentlichungen zu Ludwigsburg ist lang: Dazu gehören kurzweilige, biografische Episoden rund um den Marktplatz („Hopf ronter“, 1995/2. Auflage 2000), wo er seine Kindheit verbrachte. Zu seinem reichen Schaffen gehört ein Bildband über seine Heimatstadt („Ludwigsburg“, 1992) oder eine Beschreibung von 68 Sehenswürdigkeiten in „Ludwigsburg – Kleiner Führer der Stadt Ludwigsburg“ (1994). Lesenswert ist zudem ein Aufsatz in den Ludwigsburger Geschichtsblättern, der die Stadt in den Zeiten des ausgehenden 19. Jahrhunderts skizziert („Ludwigsburg vor 90 Jahren“, 1988).

Albert Sting war Ludwigsburg nicht nur durch seine zahlreichen Forschungen über die Geschichte der Stadt verbunden. Seine Stadtführungen hielten die Historie für Einheimische und Touristen lebendig. Großer Beliebtheit erfreuten sich zahlreiche seiner Themen, genannt seien hier „Stadtmauer“, „Carlstadt“ (Südstadt), „Holzmarkt/Marktplatz“, „Untere Stadt“, „Alter Friedhof“, „Rund um das Residenzschloss“, „Die Dichter und ihre Häuser“ sowie „Kasernen-Bauten aus dem Ende des 19. Jahrhunderts“. Seit 1975 trug Albert Sting in 380 Führungen dazu bei, das geschichtliche Erbe weiterzugeben. Seit 1989 war er zudem Mitglied im Historischen Verein der Stadt sowie im Bürgerverein der Unteren Stadt.

Mitglied des Rundes Tisches für Asylfragen

Albert Sting war Mitbegründer des „Förderverein Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Gewaltverbrechen“. Auch als Mitglied der Initiative „Kommunale Kriminalprävention“ war sein Rat gefragt. Anfang der 90er Jahre war unser Ehrenbürger als Mittler zwischen der Türkisch-Islamischen Union und der Ludwigsburger Bevölkerung im Einsatz, als an der Heilbronner Straße das Islamische Zentrum entstand. Er stellte seine Arbeitskraft ebenfalls in den Dienst des Runden Tisches für Asylfragen.

Beim „Initiativkreis Einladung ehemaliger jüdischer Bürger Ludwigsburgs“ engagierte sich Albert Sting seit dessen Gründung. Im Rahmen der Gedenktage „60 Jahre Reichspogromnacht“ 1998 übernahm er gemeinsam mit dem damaligen Kulturamt der Stadt die Organisation und trug selbst Vorträge und eine Stadtführung bei. Beim Besuch der ehemaligen jüdischen Bürgerinnen und Bürger im Mai 2003 bot er Führungen an und organisierte die Besuche der jüdischen Friedhöfe sowie einen Rundgang zu den jüdischen Stätten. 

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