OB Knecht zur Stadtbahn: In Zeiten knapper Kassen braucht es klare Entscheidungen
Haushaltslage zwingt zur Priorisierung bei Zukunftsprojekten
In der Sitzung des Gemeinderats am vergangenen Mittwoch (22.10.2025) hat Oberbürgermeister Dr. Matthias Knecht die Haltung der Stadtverwaltung zur Stadtbahn Lucie vorgestellt. Der Grundsatzbeschluss im Sommer 2022 sei ein „goldener Moment“ gewesen, so Knecht. Aber in der Zwischenzeit habe man einige grundlegende Veränderungen zur Kenntnis nehmen müssen, die den damals gefundenen Kompromiss für viele Menschen in Frage stellen würden. Vor allem zwei Dinge seien entscheidend: Die damals beschlossenen Routen funktionieren teilweise nicht und damit brauche man neue Beschlüsse. Zudem habe sich die Haushaltslage in den Kommunen des Zweckverbands sowie im Landkreis gegenüber dem Sommer 2022 dramatisch verändert. „Beim Städtetag sind wir uns einig, dass die Haushaltslage so problematisch ist wie seit 30 Jahren nicht“, so Knecht. Darüber hinaus liegen zwei Anträge der Fraktionen der FDP und der Freien Wähler sowie eine Anfrage der AfD vor, so dass in jedem Fall eine Entscheidung getroffen werden muss.
„Es ist durchaus ein Dilemma“, fasste der OB in der Sitzung des Gemeinderats zusammen. „Wir nehmen unsere Verantwortung als Stadt Ludwigsburg sehr ernst, zukunftsfähige Lösungen für den öffentlichen Personennahverkehr zu finden und wollen auch gegenüber allen Partnern im Zweckverband verlässlich sein. Die finanzielle Realität zwingt uns aber zu Priorisierung. Auch das Meinungsbild in der Gesellschaft hat sich verändert. Viele Menschen sehen in den Zeiten knapper Kassen andere Prioritäten als eine Stadtbahn.“ Daher habe sich die Stadtverwaltung dazu entschlossen, einen verantwortungsvollen Beschlussvorschlag zu präsentieren, um in Ruhe die Zukunftsfähigkeit des Projekts und des ÖPNV weiter zu denken und zu entwickeln.
Die Stadtverwaltung hat dem Gemeinderat folgenden Beschluss empfohlen:
- Die Stadt Ludwigsburg bleibt Mitglied des Zweckverbandes.
- Die Stadt Ludwigsburg spricht sich für folgende Strecken der Stadtbahn aus:
- Von Markgröningen nach Möglingen bis Bahnhof Ludwigsburg im Vorlaufbetrieb sowie von Schwieberdingen nach Markgröningen, Möglingen bis Bahnhof Ludwigsburg im Vollbetrieb.
- Die Stadt ist zudem für den Ausbau der Strecke von Aldingen nach Pattonville der Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB).
- Den verändert vorgeschlagenen Streckenast durch die Weststadt lehnt die Stadt ab. Wenn die Einfahrt in den Bahnhof nicht möglich ist, kann die Lösung ein Halt am Westausgang sein.
- Die Streckenäste durch die Leonberger Straße und durch die Friedrichstraße sind aus Sicht der Stadt in der vorgeschlagenen Art und Weise ebenfalls nicht umsetzbar, weil sie zu massiven verkehrlichen Auswirkungen führen, die entweder den überörtlichen Verkehr oder die Einwohnerschaft vor Ort unzumutbar belasten. Deshalb empfiehlt die Stadt in ihrem Beschluss, die Planungen dazu bis auf weiteres einzustellen. Dies Beschlussempfehlung betrifft auch die Äste durch die Innenstadt nach Oßweil und ins Schlösslesfeld.
- Der Lückenschluss zwischen Bahnhof Ludwigsburg und Pattonville soll vorerst mit einer Expressbuslinie im Lucie-Design sichergestellt werden. Damit wird unmittelbar zur Inbetriebnahme der Stadtbahn auf der Strecke von Markgröningen bis zum Ludwigsburger Bahnhof eine durchgängige Verbindung Richtung Pattonville geschaffen werden.
- Überdies möchte die Stadt ein Pilotprojekt für Autonome Shuttle-Busse durch die Stadtwerke Ludwigsburg-Kornwestheim (SWLB) und der Ludwigsburger Verkehrslinien (LVL) zwischen Bahnhof und Blühendem Barock einrichten. Die SWLB prüfen derzeit Möglichkeiten, die bestehende Glasfaserinfrastruktur und Sensorik effizienter auszulasten. OB Knecht dazu: „Seit 2019 arbeiten wir als Stadt und Stadtwerke bereits am Thema autonomes Fahren. Es ist der richtige Zeitpunkt zu zeigen, was darin für Möglichkeiten stecken. Ein tolles, innovatives Projekt auf das wir uns sehr freuen. Stillstand ist woanders, nicht in Ludwigsburg!“
Die Stadtverwaltung bevorzugt mit der Stadtbahn aus Markgröningen kommend eine Einfahrt in den Bahnhof. Das Gleis 6 steht exklusiv der Stadtbahn zur Verfügung. Nach Rücksprache mit der Deutschen Bahn ist dort ein 30-Minuten Takt möglich. Auch die Fahrplanstabilität auf Gleis 6 ist während der Baumaßnahmen im Bahnhof bis 2035 gegeben. Denn zwischen 2027 und 2031 wird zum einen der Zentrale Omnibusbahnhof umgebaut. Zum anderen wird die Deutsche Bahn zu Beginn der 30-er Jahre die zweite Unterführung einrichten. Diese soll 2035 abgeschlossen sein.
Aus Sicht der Stadtverwaltung kann die bestehende Bahn-Infrastruktur als Trasse genutzt werden. Es ist aus ihrer Sicht die kostengünstigste Lösung und profitiert von der höchsten Förderquote im Bau, in der Planung und im Betrieb. Nach Einschätzung der Stadtverwaltung überwiegen bei der Beschlussvariante mit der Einfahrt in den Bahnhof die Vorzüge, trotz gewisser Einschränkungen hinsichtlich der Betriebsqualität.
Der Zweckverband Stadtbahn übernimmt die Planung, den Bau und den Betrieb der Stadtbahn im Landkreis Ludwigsburg. Ihm gehören an: der Landkreis Ludwigsburg, die Stadt sowie die Anliegerkommunen Markgröningen, Möglingen, Remseck, Schwieberdingen und der Zweckverband Pattonville. Damit der Zweckverband diese Aufgabe erfüllen kann, leisten die Mitglieder entsprechende Zahlungen. Bei der Stadt Ludwigsburg sind demnach bisher Kosten in Höhe von 3,9 Millionen Euro angefallen. Bis 2030 sind weitere von 19 Millionen Euro bereitzustellen. Für die Einrichtung der Stadtbahn von Markgröningen nach Ludwigsburg rechnet die Stadt mit einem zusätzlichen Kostenanteil von 4,5 bis 5,5 Millionen Euro.
Zum weiteren Vorgehen: In der Sitzung am 22. Oktober brachte die Stadt nur ihre Vorlage ein und nahm Fragen des Gemeinderates auf. Antworten auf die Fragen waren bewusst noch nicht vorgesehen. In der Sitzung des Gemeinderats am Mittwoch, 05. November 2025, 17 Uhr, Kulturzentrum, Wilhelmstraße 9/1 werden Befürworter und Gegner der Stadtbahn sowie der Gemeinderat zu Wort kommen. Stadt und Zweckverband werden dann auch die offenen Fragen beantworten. In einer weiteren Gemeinderatssitzung am 19. November, 17 Uhr, wird der Gemeinderat über die Beschlussvorlage zur Stadtbahn entscheiden.
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